ein Lehrkörper hat frei, und nicht nur nachmittags

Kategorie: SriLanka

Wenn ich mal Waran wär…

Der Buddhismus ist die Religion der Wiedergeburt. Es wäre also demgemäß durchaus denkbar, im nächsten Leben als Waran auf der Welt zu wandeln. Wenn ich jemals ein Waran wäre, wollte ich gern in Sri Lanka leben. Als Kuh wäre es hier auch nicht ganz schlecht, zumindest hat kuh von Menschen nichts zu befürchten und genießt sämtliche Freiheiten, waran auch.

Es ist schon auffällig, wie zum Beispiel in Surya Lanka jedwedes Tier geduldet wird, von den Moskitos, die erduldet werden über die Eichhörnchen und Affen, die in der Anlage ein Eigenleben führen bis eben hin zum ausgewachsenen Waran, der bisweilen zwischen den Mittagstischen mäandert ohne dass es jemanden stört, bis auf die neu angekommenen deutschen Touristen, die das Reptil noch für gefährlich halten.

Nirgendwo sonst habe ich ein derartiges lässiges Nebeneinander von Mensch und Tier erlebt, ein leben und leben lassen, das von Respekt gegenüber jeglicher Kreatur geprägt scheint. Ganz besonders augenfällig sind für uns Deutsche die vielen streunenden Hunde, die im täglichen Überlebenskampf auf sich gestellt sind, nicht wenige davon mittlerweile dreibeinig, weil sie des öfteren gar zu arglos auf der Straße stehen und wie selbstverständlich davon ausgehen, dass Tuktuk- und Moped-Fahrer wie immer im letzten Moment noch den ausweichenden Schlenker einbauen um die Kollision zu vermeiden. Klappt halt doch nicht immer.

Kühe, die den Strand für sich entdeckt haben, und dort in Ermangelung einer Allgäuer Wiese (im Allgäu würde man sagen) rumflacken, bleiben dort ebenso unhelligt wie im dichtesten Straßenverkehr.

In Deutschland haben Hunde im Allgemeinen einen Menschen an der Leine, den sie hinter sich herziehen. Frei laufende Hunde werden bei uns gerne erst einmal als latente Gefahr angesehen. Der SriLankesiche Gassenhund dagegen begegnet dem Menschen mit einer Mischung aus kompletter Ignoranz, Gleichgültigkeit und weitgehendem Desinteresse. Der SriLankesiche Mensch erwidert dies in aller Regel mit denselben Mitteln, ob es wohl daran liegt, dass man/frau im nächsten Leben ja jederzeit die Seite wechseln könnte?

Punch your karma

Eine Panchakarma-Kur – ich habe beim ersten Hinhören „Punch your karma“ verstanden – dient wie bereits erwähnt der inneren und äußeren Reinigung des Körpers. Die Anwendungen sind so vielfältig, dass ich sie hier nicht erschöpfend wiedergeben kann. Über Mild Virechana habe ich bereits ausführlich berichtet und einige sehr spezielleTreatments möchte ich noch kurz vorstellen.

Akshitarpana = Augenbad

Damit die Augen ein warmes Bad aus Ghee (=geklärte Butter aus Kuhmilch) bekommen können, baschtelt die Ärztin zwei Höhlen in dein Gesicht während du auf dem Rücken liegst und dich entspannst. Die Knetmasse besteht aus mit Wasser angerührtem Kichererbsenbrei. Alles wird wie beim Arbeiten mit Keramik gut verstrichen und gut angepasst.

Dann wird in die beiden Trichter das warme Ghee gegossen und die Ärztin fordert einen auf, die Augen zu öffnen und wieder zu schließen, dann wieder zu öffnen und in alle Richtungen zu drehen, zu rotieren und wieder zu schließen.

Akshitarpana ist eine vergleichsweise angenehme Behandlung, wenn man sie mit „Mild Virechana“ vergleicht, sogar sehr angenehm.
Kurz danach ist die Sicht zwar noch etwas „blurry“, was sich aber bald gibt. Anschließend hat man das Gefühl sehr klar zu sehen. Die Augen wirken beruhigt und wie gekühlt. Cooles Treatment.

Shirodara = Stirnguss

Meine mit Abstand liebste Treatment heißt Shirodara. Man liegt entspannt auf dem Rücken, während der Therapeut ein Gefäß über deiner Stirn platziert, aus dem warmes Öl fließt.

Das Gefühl dabei ist schwer zu beschreiben. Erst wartet man, wann dieser ganze feine Strahl- und Strahl ist schon zu viel gesagt – dieses kaum spürbare Fließen auf die Stirn trifft. Dann verfolge ich gedanklich die Treffstelle, während der Therapeut das Gefäß ganz langsam von links nach rechts bewegt, und wieder zurück. Kaum spürbar das Auftreffen des angenehmen Ölgusses, das Abfließen über die Schläfen. Es dauert nicht lange bis die Gedanken in völliger Ruhe und Entspanntheit abdriften. Mehrfach ertappe ich mich selber beim laut Ausatmen, weil ich am Wegnicken bin. Nein, nicht einschlafen, viel zu schade, viel zu wertvoll, dieses Gefühl der totalen Entspannung, als dass ich es verschlafen möchte.

Shirodara hat viele Wirkungen. Es beruhigt den Geist, es verbessert das Seh- und Hörvermögen. Es kräftigt das Haar, unterstützt guten Schlaf, beugt innerer Ruhelosigkeit vor, schützt vor Angst- und Depressionszuständen und verbessert das Gedächntis. Noch Fragen?

Ich werde es vermissen, dieses „Punch Your Karma“.

Ein „Hero“ als Tuk-Tuk-Fahrer

Lahiru heißt der Tuk-Tuk-Fahrer in Matara, mit dem wir uns aus irgendeinem unerfindlichen Grund angefreundet haben. Lahiru. Love at first sight? Seine enthusiastische Art und sein mehr als holpriges Englisch hatten es uns irgendwie angetan. Lahiru, das klingt fast wie „Da Hero“.

Zunächst war es nur eine superkurze Fahrt in Matara vom Tempel an der Beach Road zum Treffpunkt mit dem Surya-Lanka-Bus bei der Food City. Als hätte er nur auf uns gewartet, zeigt uns Lahiru Bilder von seinen Kindern und erzählt von seinem Schicksal. Wir machen Selfies, tauschen Handynummern aus (man weiß ja nie) und verabschieden uns auf Nimmer-Wiedersehen. Dachten wir.

Noch am selben Abend, als wir ihm wie versprochen oben abgebildetes Selfie schicken wollen, stellen wir fest, dass neben seinem Kontakt das grüne Symbol mit der Sprechblase und dem Telefonhörer drin nicht aufpoppt. Landesvorwahl überprüft, die Null danach weglassen, dann wieder hingetipp, kein WhatsApp-Icon. Als wir es eigentlich schon sein lassen wollen, drücke ich auf das gute alte SMS-Symbol und schreibe ihm, dass wir das Bild nicht schicken können, weil er offensichtlich kein WA habe. Es dauert nicht lange bis eine WA von Lahiru auf unseren Handys auftaucht, abgeschickt von einer anderen Handy-Nummer, mit der Bitte um Zusendung des Bilds. Und danach noch eine mit der Frage, ob wir seine Dienste noch einmal benötigen würden.

Die Frage, ob er uns am Folgetag mit seinem TukTuk in die nächste Ortschaft Weligama bringen könne um uns dort etwas zu zeigen wurde nur Sekunden nachdem wir sie abgeschickt hatten, unumwunden mit „Yes, of course“ beantwortet. Geschrieben, getan.

Weligama und Taprobane

Überpünktlich, wahrscheinlich hatte er schon eine halbe Stunde vorher am Treffpunkt gestanden, erwartete uns Lahiru in Matara und wir tuckerten in seinem niedrigen blauen Gefährt nach Weligama. Auf meine Frage, ob er uns zum Tempel fahren könnte, kam nur „Yes, of course, temple“ und wir hielten kurz darauf gegenüber der kleinen Insel Taproban, von der ich vorab schon gelesen hatte, dass man sie bei Ebbe zu Fuß erreichen könne, dass es sich aber um eine Privatinsel handeln würde, eine Art Luxusabsteige für Könige, Premierminister, Präsidentinnen etc. Lahiru aber war schon voller Eifer unterwegs, leitete uns an, unsere Schuhe in seinem TukTuk zu lassen, übergab mir seine Schlüssel und sein Handy und schritt voran in Richtung Insel, wo eine kleine Landungsbrücke zu sehen war. „Yes, of course, temple.“ Allerdings war meine Vorstellung von Ebbe bislang eine andere gewesen und ehe wir uns versahen, standen wir schon bis zur Hüfte im Meer, Ingrid noch etwas weiter. Jetzt gab es aber kein zurück mehr, der Steg war nah und wir erreichten ihn mit meiner Schultertasche inklusive Handys und Geld über meinem Kopf haltend. Da, wo der Steg auf die Insel führte, prangte, welch Wunder, ein Schild mit der Aufschrift „PRIVATE“ und ein Security-Mann machte Lahiru unmissverständlich deutlich: „No temple.“ Dass wir uns schleunigst auf den Rückweg machen sollten angesichts der steigenden Fluten, war jetzt allen klar, glaube ich. Also nochmal, Schultertasche über den Kopf, Augen auf und durch. Am Ufer angekommen, sah das dann so aus.

Tropfnass aber wohlbehalten zurück von Taprobane.

Wir beschlossen uns in Zukunft nicht länger auf Lahirus Ortskenntnisse zu verlassen, offensichtlich war er zum ersten Mal im Nachbarort seiner Geburtsstadt, sondern lieber der vorher heruntergeladenen Google-Map zu vertrauen. Diese in Kombination mit Lahirus sprachlichen Möglichkeiten, Einheimische ganz einfach nach dem Weg zu fragen, stellte sich als unschlagbare Methode heraus, all die Sehensüwrigkeiten zu finden, die wir uns zum Glück vorher schon ausgeguckt hatten.

Kushta Raja Gala

Völlig abseits und unbehelligt von niemandem fanden wir einen monlithischen Felsen, in den das Relief von Kushta Raja Gala eingehauen war. Laut Google war das religiöse Kunstwerk zwischen 1100 und 1300 Jahre alt und gilt als heiliger Ort, der dem Besucher Gesundheit und Glück verheißt. Offensichtlich wissen nicht sehr viele davon, oder glauben nicht daran. Ich fand durchaus, dass der Ort eine gewisse Aura ausstrahlte, gerade weil niemand da war.

Sri Agrobodhi Rajamaha Viharaya Tempel

Mindestens ebenso gut versteckt ist der oben genannte Tempel, dessen Gründung auf das 2. Jahrhundert v. Chr. zurückgeht. Ausgehend von der Art und Weise wie die anwesenden Mönche und Tempelschüler uns ansahen, herrscht auch hier kein großartiger Touristenandrang, eigentlich gar keiner. Der Aufgang zu einer beeindruckenden Reihe von lebensgroßen Keramifiguren wurde uns auf Anfrage Lahirus von einem in orange gewandeten Schüler freigegeben, der ein rostiges Vorhängeschloss mit einem großen Schlüssel quietschend für uns öffnete.

Das Tsunami-Haus

Weligama gefiel uns. Die menschenleeren Sehenswürdigkeiten, der Surferstrand, der Fischerhafen, aber auch die Co-Working-Locations, wo international aussehende digitale Nomaden in ihre Laptops starrten und hackten sowie die kleinen Hotels, Surfshops und Kaffees am Rande der Beach Road versprühten non-chalanten Flair.

Auf der Rückfahrt machte uns Lahiru klar, dass er uns unbedingt noch seiner kleinen Familie vorstellen wolle. Er erzählte uns von der schrecklichen Gewalt des Tsunami von 2004, wo er sein komplettes Hab und Gut in Form eines Hauses am Strand verlor und wo sein Vater, seine Mutter sowie zwei weitere Familienmitglieder ihr Leben ließen. Immerhin erhielten derart geschädigte Familien vom Staat ein kleines Häuschen, in sicherer Entfernung und auf erhöhtem Gelände zur Verfügung gestellt, ein Tsunami-Haus. Wir hatten nicht viel erwartet, aber live zu sehen, wie die Lebensumstände eines Standard Sri Lankers sind, traf uns dann doch.

Die Herzlichkeit und Freundlichkeit, mit der wir empfangen wurden stand in krassestem Kontrast zu der ärmlichen Behausung, vom Flach-TV an der Wand aeinmal abgesehen und von der Lieblosigkeit der Raumgestaltung und Möblierung. Und dennoch: alle freuten sich über den offensichtlich ungewöhnlichen Besuch, den Lahiru stolz präsentierte. Es wurde Kaffee gereicht und ein paar Kekse organisiert. Bevor uns Lahiru zurückfuhr tauschten wir noch Adressen aus und nahmen uns vor, seine kleine Familie, insbesondere die Ausbildung seiner drei Kinder in sinnvoller Form zu unterstützen.

Die erste direkte Unterstützung wird aber sein, dass wir ihn nochmals als Fahrer anheuern werden, auch wenn er wohl wieder keine Ahnung haben wird von den Dingen, die wir sehen wollen. Dann werden wir es eben gemeinsam erforschen und er wird eventuell genauso davon profitieren wie wir.

Was ist heute? Freitag? oder Mittwoch?

Wann ist man/frau so richtig eingetaucht in die Entspannung, in die Entschleunigung? Ein sicheres Indiz ist, wenn frau/man nicht mehr weiß, welcher Wochentag gerade ist oder gar welches Datum.

In der Abgeschiedenheit unseres Surya Lanka Anwesens kann dieser Effekt tatsächlich sehr schnell eintreten.

Trotzdem kommt so etwas wie Langeweile nicht auf, auch wenn ich persönlich nichts dagegen hätte, weil Langeweile in meinem Werteverständnis nicht negativ besetzt ist, im Gegenteil.

Ein Tag während einer Panchakarma-Kur

Ein Standard-Tag im Zuge einer Panchakarma-Kur beginnt eigentlich schon am Vorabend, wenn die Therapie-Planung für den Folgetag ausliegt. Dabei handelt es sich um ein mehrfach ausgedrucktes und zusammengeklebtes Excel-Sheet bestehend aus 4-5 DIN A4 Blättern. Ob es sich wirklich um Blätter der deutschen Industrienorm handelt, habe ich ehrlicherweise nicht überprüft. In diesem Tagesplan sind sämtliche Anwendungen und Termine aller Kunden – oder besser: Patienten? oder: Klienten – verzeichnet. Alle handelnden Personen, egal ob Ärztinnen, Köche oder Reinigungspersonal agieren gemäß diesem Plan. Nach dem Abendessen ist es die Aufgabe jedes Kur-Teilnehmers, seine eigenen Termine dem Plan zu entnehmen und auf kleine Zettel zu schreiben. Volle Aufmerksamkeit ist gefordert !!

Gemäß beschriebenem Plan beginnt der Tag meist sehr früh, entweder mit gemeinsamem Yoga am Swimming Pool um 6:30 Uhr oder für die „Spätaufsteher“ um 7:30 Uhr mit einer Reihe von Massagen. Um sich darauf einzustimmen machen wir meist vorher noch einen kurzen Strandspaziergang und/oder ein paar Dehnübungen. Heute zum Beispiel versorgte mich mein Therapeut namens Roshanka erst mit einer Kopfmassage, dann Gesicht, danach Füße. Für Kopf und Füße wird ein auf meinen ayurvedischen Typus ausgelegtes Öl verwendet. Bei der Gesichtsmassage kommt eine spezielle Creme zum Einsatz. Man kann einen Tag auch unangenehmer beginnen.

Anschließend, nach ca. einer Stunde, ist ein wenig Ruhe angesagt. Die „Room-Boys“ haben während der Behandlung – auch sie orientieren sich wie gesagt am Excel-Sheet – unser Zimmer dafür vorbereitet. Damit wir, ölig wie wir sind, nicht das ganze Bett unter Öl setzen, wurden die Betten mit einer Matte belegt, darüber ein paar Handtücher und eine Blüte zur Deko.

Ayurvedisches Frühstück

Für einen Cappuccino-Fetischisten wie mich ist das ayurvedische Frühstück natürlich mehr als eine kleine Umgewöhnung. Es beginnt mit einer warmen Gemüsesuppe, gefolgt von warmem Brei, ein zwei talerartige Brötchen aus Kokos mit einem Kokosnutz-Spalt und einer undefinierbaren, scharfen Raspelmasse, abgeschlossen von frischen Papayas, Mangos, Ananas oder Bananen. Das Ganze mit einem Obstsaft, Kräutertee und Wasser bis zum Abwinken.

Nach dem Frühstück folgt meist eine weitere Anwendung, zum Beispiel eine Inhalation von heißem Kräuterdampf oder eine Simultan-Massage, durchgeführt von zwei parallel arbeitenden Therapeuten oder ein Dampfbad oder oder oder Dazwischen immer wieder Ruhephasen auf dem Zimmer oder im Schatten der Bäume unserer Anlage.

Mittag- und Abendessen mit Speziallieferung

Zum Mittagessen, das in Buffetform organisert ist, überraschen uns die Köche immer wieder mit uns völlig unbekannten Gemüsesorten. Damit wir einordnen können, was wir uns auf den Teller schaufeln, liegt auch immer die Originalfrucht und ein Schild mit dessen Namen dabei.

So läuft auch das Abendessen ab. Zwischendurch wird man noch mit speziellen Supplements beliefert. Eine freundliche Dame stellt diverse Schnapsgläser am Tisch ab, allerdings leider ohne Schnaps, eher ein paar unerfeulich schmeckende Säftlein und eine ganze Batterie selbstgedrehter Pillchen, die gerne beim Schlucken am Gaumen kleben bleiben.

Die Pillchen und Säftchen sind ayurvedische „Medizin“ und unterstützen die Verdauung, die Entspannung, die Lockerung oder was man eben so braucht.

Diese kleine Unannehmlichkeit wird jedoch locker wettgemacht durch das tolle Ambiente der Anlage, wenn beim Abendessen unter pechschwarzem tropischem Nachthimmel das Meeresrauschen vom nahen Strand zu hören ist. Der Weg zum Dinner-Table wird einem von einem Security-Mann (im Bild vorne links) vorsichtshalber die Schritte mit einer Taschenlampe ausgeleuchtet, damit man nicht aus Versehen über einen Krebs, eine Schlange oder einen Waran stolpert. Soll schon passiert sein.

Nachtleben auf Surya Lanka

Das Nachtleben oder Après-Dinner auf Surya Lanka ist krass. Schnells moch das Excel-Sheet für den nächsten Tag checken und dann?

Meist sind wir so müde und auch entspannt, dass es kaum noch für ein paar Seiten Lesestoff reicht, allenfalls für eine halbe Episode unserer Lieblingsserie „This is us“ bevor uns auch schon die Augen zufallen. Schließlich geht um 5 Uhr die Sonne auf, die Fischer fahren raus, der Pfau ruft, die Affen poltern auf dem Balkon und der nächste Tag beginnt. Welcher Wochentag? Welches Datum? – Egal.

Der Sisyphos von Surya Lanka

Sisyphos hatte laut der griechischen Mythologie die Aufgabe, einen schweren Stein einen Hügel hinaufzurollen und kurz vor dem Gipfel rollte die schwere Kugel wieder den Abhang hinunter und Sisyphos begann von vorne.

In unserer Anlage gibt es einen liebenswerten Mann, dessen Aufgabe es ist, die herunterfallenden Blätter von den Gummibäumen, den Palmen, den Curry-Leaves-Bäumen und all den anderen Gewächsen mit einem Stab, an dessen Ende ein Nagel befestigt ist, aufzupicken und in einen Sack zu stecken. Er tut dies Tag für Tag mit großer Aufmerksamkeit und Akribie. Er sorgt dafür, dass die Blätter nicht auf der Grünfläche liegen bleiben, unerwünschtem Getier Unterschlupf bieten oder verrotten. Er kümmert sich darum, dass den Gästen der Anlage ein problemloser und angenehmer Aufenthalt garantiert ist. Der Leaves-Picker wäre im effizienten Deutschland wahrscheinlich längst wegrationalisiert, ersetzt durch einen lärmenden Laubbläser. Doch nicht in Sri Lanka, der Leaves-Picker hat einen festen Arbeitsplatz, der für den Broterwerb der Familie taugt und darüberhinaus schenkt der Leaves-Picker dem aufmerksamen Touristen aus Deutschland einen wortlosen Gruß oder ein freundliches Lächeln.

Dies unterscheidet den Leaves-Picker grundsätzlich von Sisyphos, denn dessen Aufgabe war eine Strafe gewesen. Der Grund für die Strafe ist nicht genau überliefert. Es gibt diverse Varianten dazu, was aber auch keine Rolle spielt. Das Blätter-Picken ist keine Strafe, im Gegenteil, es bringt einen Mann aus dem Süden Sri Lankas in Lohn und Brot. Er macht seine Aufgabe gut und er macht sie gern, auch wenn er weiß, dass am nächsten Tag wieder genauso viele Blätter auf der Grünfläche von Surya Lanka liegen werden.

Übrigens:

Der beeindruckendste Baum der Anlage ist dieser ca. 500 Jahre alte Benjamin-Baum.

Seine Luftwurzeln, im Vordergrund gut zu sehen, sind nicht etwa Lianen – nein, Jane, nein, keine Lianen. Sobald sie den Boden berühren, wurzeln sie dort und bilden gewissermaßen einen weiteren Stamm, der den Baum stützt. So kann sein Blätterdach einen Durchmesser von 50 Metern und mehr erreichen und selbst der Tsunami von 2004, der mit einer Flutwelle in Höhe des 1.Stocks der im Hintergrund abgebildeten Häuser über das Gelände fuhr, konnte dem Giganten nichts anhaben. Er gilt den Einheimischen als heiliger Baum, zu dem zum Beispiel die Fischer kamen bevor sie zum Fang aufs Meer fuhren. Andererseits gilt er bei der indigenen Bevölkerung als gefährlich, weil sich in seinem Gewirr an Stämmen und Wurzeln häufig Schlangen versteckt halten. Wir haben es noch nicht überprüft und werden es wohl auch nicht tun.

von Jungfrauen gepflückt

Tee und Sri Lanka, ehemals Ceylon, das ist wie Bier und Bayern, Hamburger und Amerika oder Stabenwürschtle und Nördlingen. Wir hatten die Gelegenheit, eine Teeplantage zu besichtigen und mit dem Gründer und Inhaber der Firma hermanteas.com zu sprechen, einem Unternehmer alter Schule. Als wir ihm von Salus und Herrn Dr. Greither berichteten, war Mr. Herman überaus hellhörig und interessiert.

Große Aufmerksamkeit zog die Firma auf sich, als sie mit der Idee aufwartete, eine uralte chinesische Tradition wiederzubeleben, nämlich einen WHITE TEA anzubieten, der von keiner menschlichen Haut berührt wird bis er getrunken wird. Damit nicht genug: in China wurde der Tee ausschließlich von Jungfrauen geerntet, und zwar mit goldenen kleinen Scheren und goldenen Schüsselchen.

Mr Herman musste aber zugestehen, dass sich die Sache mit den Jungfrauen zunehmend schwierig gestaltet. Vor allem die Zertifizierung sei ein Problem 😉

Der Virgin White Tea ist tatsächlich, Jungfrauen hin oder her, marketingtechnisch ein echter Renner und wird weltweit vertrieben. Man sagt ihm nach, und dafür gibt es wohl wirklich ein Zertifikat – dass er eine hohe anti-oxidantische Wirkung habe und vielen Krankheiten vorbeuge.

Bei der Besichtigung der Produktionsstätten waren wir leicht verunsichert. Zunächst war uns unklar, ob es sich um eine eher museale und touristische Veranstaltung habdeln würde oder um die real eingesetzten Herstellungsprozesse. Auf Nachfrage wurde uns versichert, dass Letzteres der Fall wäre. Die folgenden Bilder mögen hier für sich sprechen.

Der Höhepunkt der bis ins kleinste ausgefeilten Produktionstechniken wurde uns aber präsentiert bei der Herstellung von Zimt. Der Chief Production Officer befand sich in einer kleinen Hütte, am Boden sitzend, seine Füße als Einspann-Vorrichtung nutzend. Kaum zu glauben, dass im 21. Jahrhundert die Perfektionierung von Herstellungsprozessen im Handwerk nicht bis in den hintersten Winkel Sri Lankas vorgedrungen ist.

Von wegen: Mild Virechana

Das Wesen einer Panchakarma Kur ist das Reinigen des Körpers, außen wie innen. Außen mithilfe von diversen Massage-Techniken mit viel Öl, das dem jeweiligen Menschen nach dessen Konstitution angepasst wird. Davon später.

Wie kann ein Mensch innen gereinigt werden? Naja, durch alle Körperöffnungen, die zur Verfügung stehen!! Denkpause !!

Nachdem ich mich in meiner Rolle als Begleiter für die Light Cure entschieden habe, bleiben bei mir einige Körperöffnungen ungenutzt. Ich verzichte zum Beispiel nicht unbedingt schweren Herzens auf „geleitetes Kotzen“, im Ayurveda-Sprech Vamana.

Vasti, auch Basti genannt, im normales Sprachgebrauch Einläufe, konnte ich ebenfalls umschiffen. Virechana aber, das künstliche Herbeiführen von Durchfall, ist sowohl Bestandteil der Intensiv-Kur, als auch der Light Cure, allerdings dann „Mild Virechana“ genannt. Diese Bezeichnung ist allerdings komplett irreführend, denn von „mild“ kann angesichts von Bauchschmerzen -so ähnlich müssen sich wohl Wehen anfühlen -, schlagartig einsetzendem Schweißausbruch und anschließendem Durchfall in sämtlichen Konsistenzen - weitere Details erspare ich dem Blog-Leser an dieser Stelle - nicht die Rede sein.
Unter Aufsicht unserer Ärztin schluckte ich um 9:00 Uhr ein Glas undefinierbaren, nicht wohlschmeckenden braunen Gebräus gefolgt von zwei Gläsern Wasser. Exakt 150 Minuten später, wobei man im Abstand von 15 Minuten heißes Wasser trinken muss, nahmen die Dinge ihren Lauf, buchstäblich.

Kurz vor dem Kollaps rettete mich dann unsere Ärztin, indem sie „den Vorgang unterbrach“, mir kaltes Wasser gönnte, eine kühle Dusche und ein kurzes Schläfchen.

Danach fühlte ich mich nicht nur leer -kein Wunder- sondern schon fast wieder erholt. Das verabreichte Mittel wirkte zwar noch ein wenig nach, so dass ich noch ein paar „Shots“ in mein Kack-Protokoll eintragen durfte, aber eine dünne Reissuppe am Nachmittag und eine Gemüsesuppe am Abend später fühlte ich mich fast schon wieder „back to normal“.

Das Wörtchen „mild“ werde ich ab jetzt immer sehr bewusst verwenden und wohl meist mit einem leichten Schmunzeln um meine (Gesäß-) Backen.


kein Kaffee – kein Bier – und das mir

inhale – exhale – inhale

6:30 Uhr und keine Minute später klingt die sonore Stimme unseres Yoga-Lehrers schon von der Terasse des Swimming-Pools herüber: „Inhale – Exhale – Einatmen – Ausatmen“. Wir hatten uns nicht rechtzeitig aus unseren Betten schälen können und wollten ja auch erst einmal an den Strand um das Morgenlicht zu genießen.

Nein, das ist keine Ausrede !!

Fischer ziehen Netze aus dem Meer, streunende Hunde warten auf das, was vielleicht von den Fischern abfällt, Kühe stehen im Schatten von Palmen und …ja, was machen die hier eigentlich?


In der Bucht von Talalla scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Keine Sonnenbrillenfachverkäufer, keine Getränke anbietenden, Kühltaschen balancierenden Grinser und auch keine sogenannten Poolboys, die einen anbetteln oder Armutsstorys erzählen. Einfach nur Ruhe, Sand, Wellen.

no small talk

Die Inhaber des Surya Lanka Ayurveda Resorts, ein SriLankese (heißt das so?), der früher einmal Autorennfahrer war, und eine Australierin, legen größten Wert darauf, dass ihre Kunden nicht von irgendwelchem Rummel oder Kommerz abgelenkt werden. Die meisten, die hierher kommen – soweit wir feststellen können 100% aus dem deutschsprachigen Raum – wollen sich mit sich selber beschäftigen und schätzen die Ruhe und das Fehlen von Strandrummel sehr.

Sogar das Sich-gegenseitig-ablenken wird klein geschrieben. Im umfangreichen Geheft, das uns gleich bei unserer Ankunft zu einer Kokosnuss mit Strohhalm gereicht wird, werden einige Verhaltensregeln klargestellt, unter anderem, dass Small Talk, sprich Von-der-Seite-Anquatschen, wenn nicht ausdrücklich gewünscht, zu unterbleiben hätte. Dementsprechend stehen unsere Tische, an denen Frühstück, Lunch und Dinner eingenommen werden, wohlgeordnet, mit Zimmernummern versehen, im Schatten von Feigenbäumen, Avokado-Gewächsen und Palmen. Es herrscht eine ruhige Stimmung, fast kontemplativ. Niemand wird zur Kommunikation gedrängt. Tatsächlich sitzen auch etliche Gäste allein an ihrem Tisch und scheinen dies auch nicht als unangenehm zu finden. Auffällig viele einzelreisende Frauen, einige auch im Alter unterhalb der Dreißigergrenze, beschäftigen sich mit dem Essensangebot, das an ihren Tisch gebracht wird.

kein Kaffee – kein Bier

Das ayurvedische Frühstück, das ohne jegliche Auswahlmöglichkeit an den Tisch gebracht wird, ist anders als in einem normalen Hotel. Kein Kaffee, sondern Kräutertee. Kein Toast, sondern ein Taler aus Kokosraspeln. Keine Butter, keine Milch, kein Ei, kein Bacon.

Wird hier endlich jedem, der schon immer hinter dem Ursprung des Worts „Breakfast“ die wörtliche Übersetzung „schnelles Brechen“ vermutete, recht gegeben?

Horror? – Keineswegs.

Ayurvedisches Frühstück

Das gereichte ayurvedische Frühstück ist sehr fein abgewogen, geschmacklich voller Überraschungen und sowohl sättigend als auch vielfältig. Selbst ich als Genießer und Verfechter eines wohl geschäumten Cappuccinos kann dem viel abgewinnen. Die umgedreht Tasse im Bild rechts oben ist übrigens Ingrids Frühstück. Fastentag!
Tja, das hat sie nun davon, dass sie im Gegensatz zu mir die Intensivkur gebucht hat und nicht die Light Version.

Weitere Details unserer Panchakarma-Kur im nächsten Blog-Eintrag

…wo der Pfeffer wächst

Wer kennt ihn nicht, den Spruch: „Geh doch dahin, wo der Pfeffer wächst.“ Ich habe mich ja immer gefragt, wo das wohl sein mag. Jetzt weiß ich’s, Sri Lanka.

Kurz nach der Ankunft im Flughafen von Colombo, nachdem wir uns vom Schock der Hitze und Schwüle im klimatisierten Auto unseres Abholers erholt hatten, ließ unser Fahrer schon mal das Fenster herunter, nicht um die feuchte 30 Grad heiße Luft eintreten zu lassen, sondern damit er uns besser die Flora seiner Heimat zeigen konnte, neben Papayas, 40 verschiedenen Bananensorten, Mangos, Sternfrucht etc. etc. eben auch den Pfeffer.

Nach dem Staub und der Dürre Afrikas konnten wir uns gar nicht satt sehen am üppigen und vielfältigen Grün zu beiden Seiten der Straße. Wie sehr wir uns schon an afrikanische Lebensgewohnheiten gewöhnt hatten, zeigt, dass wir uns darüber wunderten KEINE Kühe, Ziegen, Schafe oder gürtelverkaufende Händler auf dem Mittelstreifen oder am Fahrbahnrand vorzufinden.

Die Toll-Road von Colombo in den Süden bot Flüsterteer und nur sehr spärlichen Verkehr. Entweder konnte/wollte sich kaum jemand den Straßenzoll leisten oder die Rationierung von Benzin und Diesel auf 20 Liter pro Fahrzeug und Woche war die Ursache. Wahrscheinlich eine Mischung aus beidem.

Entsprechend problemlos und leicht unterkühlt (stramme 18 Grad im Inneren des Toyotas) brachte uns unser Fahrer zu unserem Zielort im Süden der Insel, die einmal Ceylon hieß.

Hier würden wir also die nächsten beiden Wochen verbringen bei einer ayurvedischen Pancha-Karma-Kur. Ich bin gespannt, was mich erwartet.


Mehr Infos dazu im nächsten Blog-Eintrag.

Unser Liegen-Nachbar

Nach der Vormittags-Routine gönnen wir uns regelmäßig, außer es regnet, ein wenig Muße und Entspannung auf einer Liege aus heimischem Teakholz, schweres Teil 😉


Entfernung zum Meer: 10 Meter. Entfernung zu unserem Zimmer: 50 Meter.

Und wer liegt da gleich neben unserer Liege? Haut schon ganz schrumpelig.
Weiß nicht mehr genau wie er heißt, irgendwas mit W.

Wie der da so liegt. Fast 2 Meter lang. Wie kann man nur so komplett regungslos liegen?

Wenn der Nachbar sich aber dann aufrappelt und bewegt, geht es ja doch immer nur ums Futtern.

Wie der sich bewegt. Wahrscheinlich Hüftschaden.

Ah, jetzt fällt mir wieder ein, wie er heißt: Waran

Toller Kerl, unser Liegen-Nachbar.

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