ein Lehrkörper hat frei, und nicht nur nachmittags

Rotorua – unüberriechbar

Rotorua heißt Rotorua, weil er der zweite See war, den die Maori bei ihrer Erforschung des Inlandes vorfanden. Die Maori gingen bei der Benennung sehr pragmatisch und simpel vor. Roto = See. Rua = zwei. Fertig.

Heute ist Rotorua weniger für seinen See bekannt, der ist nämlich ziemlich langweilig, weil kreisrund und ohne Buchten, sondern für die vielfältigen vulkanischen Tätigkeiten, die hier zu Tage treten, auch für den Laien leicht sichtbar und vor allem unüberriechbar sind. Schon lange bevor man ein Ortsschild entdecken kann, haben die Schwefelausdünstungen, die aus vielen Ritzen, Löchern und Tümpeln an die Luft entweichen, die Nase erreicht. Der junge, äußerst hilfsbereite Automechaniker, der den defekten Reifen an unserem Mietwagen wechselte – wer von Euch irgendwann einmal einen Mietwagen in Neuseeland ausleihen möchte, macht einen Bogen um die Firma AutoUnion, mehr schreib ich nicht dazu – meinte, es würde ca. eine gute Woche dauern, dann würde man den Schwefelgestank nicht mehr wahrnehmen. Na toll, wir bleiben drei Tage, d.h. drei Tage lang faule Eier, beim Aufstehen faule Eier, beim Mittagessen faule Eier (nicht zum Essen natürlich, sondern nur als olfaktorische Beigabe) und beim Schlafengehen immer noch faule Eier.

Rotorua bemüht sich, aus dem offenduftlichen Nachteil einen Vorteil zu machen und „verkauft“ seine vulkanischen Aktivitäten ebenso teuer wie all die sonstigen Outdoor-Aktivitäten, die dort in Hülle und Fülle vorzufinden sind. Man kann sich am Fuß ein Seil befestigen lassen und von einer Brücke springen. Oder man lässt sich in einen überdimensionalen durchsichtigen Plastikball einsperren und kugelt dann zu Tal. Ersteres wird ja mittlerweile weltweit praktiziert und als Bungee-Jumping angepriesen. Zweiteres nennt man Zorbing und dies wurde hier in Rotorua erfunden. Really. Daneben gibt es noch Mountainbiking, Hiking, Balloon-Flying, Rafting usw usw. You name it, they have it.

Will man nach oben spritzende Geysire, blubbernde Matsche und stinkende Rauchfontänen von Nahem betrachten und beriechen, so bietet Rotorua auch hier perfekt konfektionierte Ware und dies zu horrenden Preisen. Das von weitem sichtbare Gelände Te Pua bläst dem finanziell gut gepolstertem Touristen alles Vorzeigbare derart professionell auf, dass eine kleine Familie für die volle Show inklusive Haka-Dance-Vorführung und Bähnchen-Fahrt schnell einmal 200 Dollar auf den Tisch legen kann. Nein, kann sie nicht. No Cash wanted. Credit Card only.

Zum Glück hat unser Gastgeber Dana ein paar Insider-Tipps auf Lager, die uns dann doch noch mit Rotorua versöhnen. Dazu müssen wir zwar ein paar Kilometer mit dem Auto fahren, aber die sind es allemal wert. Am Rotohiki (roto= See [ihr erinnert euch?], hiki=klein) machen wir eine kleine Wanderung durch einen moderaten Regenwald, an einem Sturzbach entlang, der, wenn er weniger Wasser führt, von Raftern befahren wird, der aber auch so sehr spektakulär neben dem Wanderer rauscht. Die Flora ist wunderbar, Vögel fabrizieren alle möglichen Geräusche, die Luft sensationell rein und ohne Schwefelgehalt. Wir genießen den Walk und fahren anschließend zu einer völlig unscheinbaren Location, die uns aber völlig verzaubert.

Die Soda Springs sehen aus wie ein kleiner Fischweiher und die Zufahrt ist so schlecht ausgeschildert, dass wir zwei Mal vorbeifahren, zumal kein einziges Auto auf dem Parkplatz steht. Die Springs sind aber sehr wohl geöffnet, wie uns eine sehr freundliche Maori, die den Platz betreut, versichert. Die 10 Dollar Eintritt scheinen uns angemessen, nach allem, was wir schon erlebt und gezahlt haben. Wir ziehen in einem einfachen Holzverschlag, nichts ist aufgepimpt und aufgeblasen, keine Video-Animation begrüßt uns,  unsere Badesachen an und tasten uns vorsichtig in das lediglich 70 cm tiefe Wasser vor, lassen uns fallen und freuen uns über die natürliche und simple Erfahrung. Der Boden des Teichs besteht aus Sand und aus diesem blubbert warmes Wasser nach oben. Je nachdem wohin man sich im Teich bewegt, wird es mal kälter, mal wärmer. Kommt man einer sprudelnden Quelle zu nahe, wird es sogar unangenehm heiß. Wir lassen uns treiben und spüren den verschieden warmen Wassermischungen nach. Es fängt leicht an zu regnen. Um so schöner, ruhiger und märchenhafter gerät unser Aufenthalt in Soda Springs.

Die dritte Location, die uns in Rotorua ausnehmend gut gefällt, ist ein Wald mit Redwood-Bäumen. Zwar waren auch hier die Tourismus-Manager am Werk und durchzogen den Wald mit den beeindruckend massiven Bäumen mit Plateaus und Hängebrücken, so dass man in 20m Höhe von Baum zu Bau laufen kann. Doch hier scheint der Eingriff gelungen, das Erlebnis beeindruckt und hat sogar echten Informationsgehalt (der sabbaticalistische Lehrer freut sich). Besonders beeindruckend ist der Tree Walk am Abend, wenn eine Licht-Installation den Wald magisch leuchten lässt. Wir fotografieren und filmen fleißig. Dabei haben wir bereits unseren Tree-Man Lewis im Hinterkopf, dem wir per WhatsApp unsere Ergebnisse zuschicken, was ihn, welch Wunder, extrem begeistert. Kontinent-übergeifende Begeisterung, ausgelöst von Bäumen!

Ein besonderes Alleinstellungsmerkmal bekam unser Aufenthalt in Rotorua, wie schon erwähnt, durch unseren AirBnB-Gastgeber Dana. Am Ankunftstag noch etwas muffig gelaunt, taute er beim ersten gemeinsamen Bier tags darauf merklich auf, erzählte gern und ausführlich von den sich und seiner Familie. Am dritten Tag wurde aus unserer Unterhaltung ungeplanterweise ein Interview, in dem Dana bereitwillig  über seine Muttersprache Maori Auskunft gab, von seiner Herkunft erzählte und die Bedeutung seiner Tattoos erklärte.

Maoris kannten bis ins 19. Jahrundert keine Schrift. Alle Geschichten ihrer Vergangenheit wurden durch Erzählungen, durch Gesänge und Tänze sowie durch Schnitzereien kommuniziert. Kein Wunder, dass das Geschichten-Erzählen auch Dana in den Genen liegt.

Hier sind die Links zu den beiden Videos in meiner Google-Galerie.

Einfach hier klicken

1 Kommentar

  1. EverettCerve

    bitcoin dark web deep web drug store

Schreibe einen Kommentar

© 2024 Der Sabbaticalist

Theme von Anders NorénHoch ↑