ein Lehrkörper hat frei, und nicht nur nachmittags

Kategorie: Kenya

Jetzt aber raus hier…

Nichts wie weg!

Seit unserem eigentlichen Abflugtermin am Samstag war es also nun schon Dienstag geworden und immer noch saßen wir im Tamarind Tree Hotel in Nairobi und hofften dass heute alles gut gehen würde. Schließlich hatten wir ein gültiges Ticket von Qatar Air auf den Handys, sicherheitshalber sogar auf Papier, netterweise ausgedruckt von der uns wohlgesonnenen und gut bekannten Hotel-Rezeption. Als wir uns 24 Stunden vor Abflug nicht online einchecken konnten, wuchs unsere Skepsis, wurde aber von redegewandten Fluggesellschaftsmitarbeiterinnen am Telefon beschwichtigt.

Dank unserer Vorerfahrungen war sogar Ingrid, die – wie diejenigen wissen, die sie kennen – gern einmal ein wenig knapp in der Zeit dran ist, bereit fünf Stunden vor Abflug auf den Weg zum Flughafen aufzubrechen. Den kannten wir mittlerweile so gut, dass WIR dem kenianischen Uber-Driver verkehrsgünstige Varienten vorschlagen konnten. Am Jomo Kenyatta Airport angekommen, war der Check-in Schalter noch nicht einmal geöffnet, was uns aber nicht weiter störte, denn wir wollten die ersten sein, die ihren Koffer aufs Band stellen würden.

Nach einer halben Stunde in gewächshausähnlichen Temperaturen des Terminal2 setzten sich einige Qatar-Mitarbeiter beflissen aber langsam in Bewegung um den Check-in Schalter vorzubereiten. Wir waren immer noch gespannt, aber guter Dinge und als wir endlich an der Reihe waren, konnten wir auch alles vorweisen, was unsere Schultertasche zu bieten hatte: Reisepass, ausgedrucktes Ticket, COVID-Vaccine-Nachweis eins, zwei und drei, gültiges Einreise-Visum für SriLanka. All dies wurde von der streng dreinblickenden Qatar-Dame sorgfältig und lange in Augenschein genommen und als wir uns schon am Ziel wähnten, meinte sie, da wäre noch was, was sie erst nochmal abklären müsse, drehte sich um und verschwand, zielstrebig aber langsam hinter den Kulissen der Abfertigungsmaschinerie. Zurück kam die unifomierte Mittzwanzigerin mit einem dicken Handbuch, dessen dünnes Papier mich an Dünndruck-Bibeln oder Gottes-Lob-Bücher erinnerte. Ich meinte sogar einen gewissen triumphalen Zug in ihren Mundwickeln erkennen zu können, als sie uns eröffnete, dass in den Regularien aller Fluggesellschaften, die wir ja bei der Buchung mithilfe eines Häkchens akzeptiert hätten, – kennt ihr jemanden, der die jemals gelesen hat? – stünde, dass man nicht nach Sri Lanka einreisen dürfe, wenn man nicht auch schon ein Ticket für die Wiederausreise vorweisen könne. Letzteres, mussten wir unumwunden zugeben, hatten wir nicht. Es half auch nichts, als wir ins Feld führten, dass wir keinerlei vorhatten in Sri Lanka in Rente zu gehen und dass wir einfach noch nicht wussten wie lange unser Aufenthalt dort dauern würde, dass unser Visa ja eh nur 30 Tage Gültigkeit habe und wir dann ohnehin weiterfliegen würden. NICHTS ZU MACHEN. Kein Erbarmen. Wir könnten ja problemlos hier im Terminal mithilfe des freien WLANs noch ein Ticket buchen. Bähm!

Also dann, nichts leichter als das. Schließlich waren wir früh dran. Handys raus in MeinFlugladen.de rein. Flug von Colombo nach ??? wohin nur? und wann? schnelles Entscheidungen waren gefragt. Nach 30 Minuten war ein passender Flug gefunden. Doch die Abfrageroutine von oppodo.de belastete unsere Nerven bis zum Anschlag. „Wollen Sie wirklich keine Zusatzversicherung abschließen, die den Verlust des Gepäcks doppelt absichert?“ NEIN, wollen wir nicht. Nach außen müssen wir beide ein eigenartiges Bild abgeben – fotografische Belege dafür exisitieren nicht, zum Glück, als wir nach Eingabe der Kreditkarteninformationen minutenlang Kopf an Kopf auf ein sich drehendes Logo im Handy-Display starren, während wir unsere vier Daumen fest in unseren Fäusten halten. Endlich eine Meldung: Zahlung abgelehnt. Mist!

Back-Button, alle Eingaben inklusive der achtstelligen Passnummern sind futsch, alles nochmal. Diesmal aber am Ende mit der guten alten Kreditkarte unserer Hausbank in Regensburg. Die Schlange am Check-in-Schalter sieht schon sehr kurz aus. Es klappt tatsächlich. Das e-ticket ist nicht nur gebucht, sondern liegt auch schon im Posteingang unserer E-mail-Accounts. Eigentlich zu teuer gekauft. Egal. Für Schnäppchensuche war nun wirklich keine Zeit mehr.

Erstaunlich non-chalant akzeptiert die Uniform jetzt plötzlich unser Ticket, das sie sicher auch kaum nachvollziehen kann, weil alle Angaben in deutsch abgebildet sind, aber… egal, wir wurden durchgewunken zur Kofferabgabe.

Dort genügte der Mitarbeiterin ein Blick auf unser Ticket um festzustellen, dass es sich um ein von Kenya Airlines ausgestelltes Ticket handelte und sie uns deshalb nicht garantieren könne, dass wir mitfliegen. Der Flug sei mehr als ausgebucht und wir müssten mit unseren Koffern warten bis der Check-In-Vorgang abgeschlossen sei. Dann würde man nachzählen und überprüfen, ob noch Plätze im Flugzeug frei seien. BÄHM 2!

Immerhin, wir waren nicht allein. Ein blutjunges spanisches Pärchen auf Hochzeitsreise, das wegen des Pilotenstreiks bereits 2 Tage ihres sündteuren Honeymoons auf den Seychellen verpasst hatte sowie drei weitere Kenya Airlines Kunden bildeten eine seltsame Kurzzeit-Interessensgemeinschaft. Mathematische Kenntnisse wurden bemüht. Wahrscheinlichkeitsrechnungen: Mit wievielen No-Shows konnte man rechnen bei einer geschätzten Passagierzahl von 500. Als unsere sieben Pässe erst eingesammelt, dann wieder ausgeteilt wurden, sprossen die wildesten Vermutungen ins Kraut. Hat man nun eine Priorisierung vorgenommen? was sind die Kriterien? hätten wir vielleicht doch einen Schein in den Pass legen sollen?
Dabei wurden wir doch von einem sicher ganz anders gemeinten Schild bei der Zufahrt zum Flughafen darauf hingewiesen, dass wir uns nun in der korruptionsfreien Zone befänden.

Vor unserem inneren Auge sahen wir uns schon erneut im Tamarind Hotel einchecken, als es plötzlich ganz schnell ging. Der Check-in Schalter wurde geschlossen. Sieben Plätze waren noch zu vergeben. Die internationale Interessensgemeinschaft „Wir wollen raus“ konnte die Koffer aufs Band stellen und sich in den Boarding-Bereich begeben.

Was für ein Stress!

Der Grund für den überbuchten Flug, so erklärte mir mein Sitznachbar, als wir endlich im Flieger saßen, sei die Fußball-WM in Qatar. Die Hälfte aller Passagiere hatte braune Umschläge bei sich, Arbeitsverträge bei der Fifa inklusive eines kostenlosen Tickets bach Qatar. Kein Wunder, dass der Flieger proppenvoll war.

Bereitwillig zeigte mir Simon, so hieß der in Kenia geborene Elektriker neben mir, seinen Arbeitsvertrag. 490 Euro in bar pro Monat bei freier Unterkunft und Verpflegung. Welche Qualität das Wohnen und das Essen haben würden, war ihm genauso unklar wie die sonstigen Arbeitsbedingungen. Aber die FIFA muss sich schließlich um wichtigere Dinge kümmern, da kann man bei den kleinen Arbeitern schon ein wenig sparen.

Der Flughafen-Terminal in Doha roch nach Farbe und Kleber. Vieles war im großen Stil angelegt, aber eben noch unfertig. Uns egal. So beeindruckend der Airport und die Skyline auch waren, wir wollten schließlich weiter und das klappte tatsächlich völlig reibungslos. Boarding. Take-Off nach Colombo. Landung. Sogar die Koffer waren da! Hurra

Nairobi, Nairobi und immer wieder Nairobi

auf dem Dach des Kenyatta International Convention Center

Nairobi lässt uns einfach nicht los.

Zum einen weil die Stadt durchaus interessante Aspekte hat, einen eigenen Nationalpark direkt neben der Stadtautobahn hat, wo wir im Vorbeifahren Büffel, Nashörner und Zebras sehen. Ein Guide zeigt uns Kibera, einen riesigen Slum mit vermutlich mehr als eine Million Bewohner (niemand weiß es genau). Dort herrschen zwar sehr primitive Verhältnisse in Bezug auf Wohnkultur und Hygiene, aber dort brodelt das Leben. Es gibt nichts, was es in Kibera nicht gibt. Wenig Miete zu bezahlen, nah zum City Center zu wohnen und die Community sind drei Hauptgründe, warum so viele Nairobianer die beengte und unkomfortable Wohnsituation auf sich nehmen.

Blickt man auf die Stadt vom Dach des Kenyatta International Convention Center aus, ist der namensgebende Fluss – Nairobi = cool water – nicht zu entdecken. Zu wenig breit, zu umbaut ist das Wasser, als dass man es zwischen den Häusern ausmachen könnte. Nicht vorstellbar in anderen Großstädten mit Flüssen wie Paris, London, Budapest etc.

Nairobi lässt uns einfach nicht los.

Zum anderen: insgesamt haben wir vier mal in unser Hotel eingecheckt. Das Tamarind Tree Hotel wurde schon fast so etwas wie eine zweite Heimat, dabei sollte es doch eigentlich nur die Übernachtung nach und vor einem Flug sein. Doch der Streik der Kenya Airlines Piloten verändert alles. Statt einzuchecken stehen wir sechs (in Zahlen: 6) Stunden in einer Warteschlange auf dem Trottoir des Terminalgebäudes bis wir endlich vor einer der drei – immerhin drei – Airline-Mitarbeiter sitzen, die sich mit bewundernswerter Gelassenheit unserem Problem widmet, nämlich einen anderen Flug nach Colombo zu finden, der aber erst zwei Tage später abhebt als der geplante. Also, wieder zurück ins Tamarind. Davor nehmen wir unsere Eva noch einmal in den Arm. Dabei hatten wir uns schon so an unser Dreier-Team gewöhnt, nachvollziehbar in Profi-Qualität auf Evas Insta-Seite („ich hab das studiert“)

Zwei Tage später brechen wir erneut auf um abzuheben. Diesmal lautet das Handicap: der Pass ist weg. der Pass ist weg. verzweifeltes Suchen, Nachfragen bei Lost&Found Office, Security-Beamten, letztlich wieder bei der Kenya Airline. Eins ist schnell klar: der Flieger nach Colombo fliegt ohne uns. Doch ein unglaublich bemühter und akribischer Airline-Mitarbeiter namens Joshua nimmt sich unseres Problems an, führt diverse Telefonate, besorgt uns kostenlos einen neuen Flug, wieder zwei Tage später, damit wir Zeit haben uns um die Pass-Sache zu kümmern. Also wieder zurück ins Tamarind. Dort kennt man uns jetzt schon. Weit nach Mitternacht schreibt Joshua uns noch Whats-App-Nachrichten um uns aufzubauen. Am nächsten Morgen, als wir gerade zur deutschen Botschaft aufbrechen wollen, kommt die wichtigste aller WhatsApps: „Your passport was found in the airport and can be picked up.“ Tatsächlich war der Pass in einem Security-Scanner aus dem Rucksack gefallen. OMG. Der Pass ist wieder da. Alle bad- und worst-case-scenarios, die wir uns schon ausgemalt hatten sind passé. Es kann weitergehen. Sri Lanka, wir kommen.

Carnivore – Fleischfresser Nairobis sammelt euch

Ob Schwein, Rind, Huhn, Krokodil, Strauß oder Ochsenhoden. You name it, we have it. In einem der angesagtesten Restaurants Nairobis treffen sich Fleischfresser aus der ganzen Welt. Ob die ganze Veranstaltung nun eine Touristenfalle, eine Geldmaschine oder eine geschickte Marketingstrategie ist, sei dem Besucher selber überlassen.

Wir waren jedenfalls ein wenig überfordert, die im Stakkatotempo neben uns stehenden, uniformierten Fleichspieß-Halter mit einem Hut, der eher an venzianische Gondoliere erinnert, abzuwehren oder zuzulassen, dass sie mit ihren machetenartigen Messern feine Stücke ihrer gegrillten Ware auf unseren Teller fallen ließen.

Das Konzept lautet, friss solange du kannst. Wenn der geneigte Anti-Vegetarier aufgibt und final keine Fleichstücke mehr auf seinen Teller wandern lassen möchte, hisst man die Fahne, nein, man zieht die Reißleine und nimmt die kleine auf einem Soßenrondell thronende Papierfahne herunter. Das ist das Zeichen: nichts geht mehr. Man wird verschont. Es ist Ruhe. Nein. Falsch. Von Ruhe kann keine Rede sein, denn die permanente Musikbeschallung wird konsequent Dezibel für Dezibel nach oben geschraubt, so als müsste man die Besucher wie in einem Rockkonzert oder einem Electro-Club immer wieder vor neue Herausforderungen stellen kaum hat sich ihr Gehör an den Pegel gewöhnt.

Zurück im Hotel verstehen wir endlich den Löwen in der Maasai Mara, der nach dem Konsum eines halben Zebras erst einmal zwei Tage schläft. So ähnlich fühlen wir uns, wenn der volle Bauch uns den Schlaf gönnt.

Dass die Maasai-Kultur auf Viehhaltung basiert und dies seit Jahrhunderten so gelebt wird, sollte aber angesichts der Klimaveränderung, die Kenia ganz besonders hart trifft und verändert, nicht als Vorwand gelten, nicht darüber nachzudenken, ob das Konzept des Fleichkonsums auf Dauer tragfähig ist. Dieses wunderbare, fruchtbare Land, von einem Klima gesegnet, das Gewächshäuser eigentlich überflüssig macht, könnte bei konsequenterer Organisation der Landwirtschaft die Versorgung Afrikas mit Getreide, Mais, Gemüse und Obst gewährleisten. Dazu müssten aber nicht nur die Kenianer ihre Lebensgewohnheiten verändern. Unser Guide Edward teilte bei unseren Ausfahrten in die Steppe Kenias die Tierwelt in die zwei Kategorien. Er nannte sie „herbivorous“ und „carnivorous“ ein.

Homo sapiens kann entscheiden, was er sein möchte.

Also dann, gute Entscheidung, Mensch!

Maasai Mara – auf Obamas Spuren

Tausende von Wildbeests/Gnus in der Savanne der Mara

Ein wenig wehmütig verabschieden wir uns von den Menschen, die das Projekt Maasei Mara Basecamp mit bewundernswerter Leidenschaft und voller Empathie betreiben. Natürlich waren wir beeindruckt von der Tierwelt, die uns Edward in mehreren Ausfahrten, Game Drives genannt, mit all seiner Gelassenheit und Erfahrung präsentierte. Obwohl wir nur noch die Nachhut der „Great Migration“, der großen Wanderung, wenn 1,5 Millionen, in Zahlen 1.500.000, Gnus den Mara Fluß nach Tansania überqueren, zu sehen bekamen, so war dies immer noch ein überwältigender Anblick. Die schiere Menge an wohlgenährten Gnus, hier Wildbeests genannt, Zebras, Büffeln, Antilopen und Gazellen überforderte oft unser Wahrnehmungsvermögen auf positive Art und Weise.

Ganz besonders genossen wir all dies bei einer einstündigen Ballonfahrt über die Savanne kurz nach Sonnenaufgang. Nicht ganz billig, diese Once-in-a-lifetime-Experience, aber dafür perfekt organisiert, von der Abholung im Camp, dem Briefing, dem minutiösem und professionellem Ablauf bis zum Frühstück unter einer Schirmakazie nach der Landung. Ja, ein wenig dekadent, könnte man einwenden, stimmt. Aber: das Ballooning über der Mara ist mittlerweile ein eigener Wirtschaftszweig, der Arbeitsplätze für die lokale Bevölkerung sichert und ausländische Devisen direkt vor Ort wertschöpft. Außerdem legen die diversen Veranstalter großen Wert auf Nachhaltigkeit. Es bleiben keine Müllberge zurück, die Natur bleibt bis auf die Spuren der Rückhol-Fahrzeuge unberührt. Und, nicht zuletzt, die Eindrücke, die man mitnimmt, wenn man nahezu lautlos – außer wenn Balloon Pilot David, ein selbstbewusster großer Kenianer, der sein Handwerk in England erlernte, Gas gab –  über Giraffen und Elefanten hinwegschwebt, werden wir unser Leben lang bewahren, egal ob mit professioneller Technik festgehalten, mit dem Handy gefilmt oder einfach nur erlebt.

Maasai Mara, Löwenland

Besonderes Geschick bewies unser Driver und Guide Edward nicht nur beim Durchqueren der sogenannten Lager, tiefe Furchen, die die Mara durchziehen und die je nach Regensituation mehr oder weniger mit Wasser gefüllt sind, sondern auch im Aufspüren der „Predators“, der Raubtiere, insbesondere der Löwen, von denen es im Park – nobody knows exactly – wohl mehr als hundert gibt. Als er einmal einen männlichen Löwen für uns findet, der ein frisch gerissenes Zebra verspeist, laviert unsere Gefühlswelt zwischen „wow, krass, sensationell, atemberaubend“ und „oh, das arme Zebra, wie brutal“. Anyway, das Ökosystem funktioniert. Zebras fressen Gras, Löwen fressen Zebras, Schakale, Aasgeier, Marabu-Störche (Scavengers) und letztlich Ameisen räumen auf. Und allen geht es gut dabei – außer den Zebras natürlich.

Maasai Mara Basecamp – Rain Man und Tree Man

Abgesehen von all den Game Drives und den sensationellen Bildern auf unseren Devices und in unseren Köpfen sind es aber doch hauptsächlich die Menschen, die uns berühren und begeistern. Im Basecamp Maasai Mara zum Beispiel hat es uns ein junger Mann besonders angetan. Er heißt Leshan, was so viel bedeutet wie Regen. Als er geboren wurde, hat es geregnet, daher sein Massai-Name. In der Schule erhielt er von seinem Lehrer noch den Namen Bryant, denn es hatte wohl häufig geregnet bei Geburten und die Leshons waren kaum zu unterscheiden. Unser „Rain Man“ kümmert sich bei allen Mahlzeiten um uns mit seiner kenianisch ruhigen Stimme und seiner liebenswerten Aufmerksamkeit, dass wir uns schon allein wegen ihm auf jedes Essen freuen. Er beantwortet uns geduldig alle neugierigen Fragen nach Besonderheiten der Maasai-Kultur und -Sprache. Zum Abschied schreibt er uns noch eine Liste wichtiger Begriffe in seiner Sprache Suaheli auf einen Zettel und überreicht sie uns zum Frühstück. Allein schon die Reihenfolge finden wir interessant in der Annahme, dass sie nach ihrer Wichtigkeit geordnet sind.

Leshan ist Angestellter beim Basecamp-Explorer-Projekt (www.basecampexplorer.com), das uns unglaublich gut gefällt. Aber nicht nur wir sind angetan vom Idealismus und der Umsetzung vieler guter Ideen. Das Projekt hat schon jede Menge Preise eingeheimst und sogar Barack Obama, dessen Vater Kenianer ist, hat hier zwei Nächte mit seiner Familie verbracht. Er hat genau wie wir in einem „Tented Room“ geschlafen, einem fest installierten Zelt auf einem von Pfählen getragenen Bretterboden. Es gibt Betten und der Gipfel des Komforts sind WC und Dusche, abgetrennt vom Wohn-Schlafraum durch eine Zeltplane, verschließbar mithilfe eines Reißverschlusses. Trotz oder wegen der Einfachheit fühlt man sich sehr nah an der Natur, vor allem nachts, vor allem akkustisch.

Die Obamas haben 2007, da war Barack noch nicht Präsident, Bäume gepflanzt. Dem wollen wir nicht nachstehen. Wir beteiligen uns an dem vorbildlichen Projekt. Die Wittmanns haben also auch Bäume gepflanzt.

Behilflich war uns dabei ein weiterer beeindruckender junger Mann namens Lewis, unser „Tree Man“. Erst erklärte er uns SEIN Projekt, zeigte uns die Baumschule, die er angelegt hat, suchte dann mit uns zusammen die passenden Setzlinge aus und half uns beim Einpflanzen. TREES ARE OUR FUTURE. Auf diesen kurzen Nenner konnten wir uns schnell einigen. Unsere kleinen Bäume – ein Greenheart für Ingrid, ein Feigenbaum für Eva und ein Olivenbaum für mich – werden jetzt erst einmal zwei Monate gehegt und gegossen. Natürlich bekommen sie einen Name-Tag mit unseren Namen. Als besonderer Service wird Lewis uns nach zwei Monaten schon einmal ein Bild per WA schicken. Ach, gäbe es doch noch ein paar Tausende solcher ambitionierter und passionierter junger Männer auf dieser Welt. Unser Planet wäre ein anderer.

Riding Economy Plus

Beine ausstrecken möglich, WiFi on board

Unser Guide and Driver Edward von GLORYSAFARI.COM macht uns die langen Fahrstrecken so angenehm wie möglich. In seinem Toyota 4×4 bewältigen wir nicht nur die Transfers von Nairobi nach Amboseli (4 Stunden), von Amboseli nach Lake Naivasha (6 Stunden) und von Lake Naivasha nach Maasai Mara (6 Stunden) problemlos, sondern schon fast angenehm: Economy Plus. Wir können die 6 Sitze für uns drei beliebig aufteilen, ein großer Ballonkanister versorgt uns mit frischem Wasser und, noch viel wichtiger, USB-Anschlüsse liefern Strom für unsere diversen Electronic Devices UND das WLAN via Hotspot ist schneller als in so manchen Hotels.

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Dirt Roads

möglichst die Straße meiden

Die letzten Kilometer zu den Lodges, zum Amboseli Park sind es deren 35 („dirty five“ !!!) bestehen meist aus ungeteerten Dirt Roads. Die Kunst, sie zu befahren, besteht hauptsächlich darin, sie zu meiden. Soll heißen, wenn irgend möglich bewegt man sein Gefährt nicht auf der eigentlichen Straße, weil diese durch die Quer-Rillen eher eine Stoßdämpfer-Teststrecke ist denn eine Straße. Stattdessen manövriert Edward unseren Toyota in die linksseitige, eigentlich als Wasserrinne gedachte Furche und nach kurzzeitiger übler Schräglage darüberhinaus, so dass der Wassergraben direkt unter unserem Fahrzeugboden liegt und wir einigermaßen horizontal ausgerichtet sind. Der große Vorteil liegt darin, dass der sich dort befindliche Untergrund aus dem von der Straße weggewehtem Sand besteht und man relativ smooth fahren kann. Der Nachteil: das Manöver rauf auf die Straße – runter in den Graben muss jeweils nach ca. 200 Metern wiederholt werden inklusive 2 x 30 Grad Schräglage. Falls jemand meiner geschätzten Kolleg*innen aus dem Fachbereich Mathematik diesem Blog folgt, so möge sie/er die Anzahl der Manöver und der daraus resultierenden Schräglagen eruieren.

On the such in Kenya

Dies ist keine Foto-Tapete. Am Morgen unseres Abschieds aus dem Amboseli-National-Park tauchte plötzlich die Spitze des Kilimanjaro aus den Wolken auf und als dann noch eine Giraffe am Horizont vorbeischritt, war das kitschige und dennoch wunderbare Fotomotiv unwiderstehlich.

Cool water heißt die Hauptstadt von Kenya übersetzt: Nairobi. Wasser ist auch das dominierende Thema unseres Besuchs in der Vorzeige-Nation Ostafrikas. Ob in Amboseli, das sich noch nicht von der verheerenden Flut vor einigen Jahren erholt hat und andererseits dringend auf Regen wartet um die ausgedorrten Flächen wieder zum zu erwecken – unser Guide Edward nennt es „sleeping vegetation“ – oder im Lake Naivasha, der Süßwassersee, dessen Pegel in den letzten Jahren unvorhersehbar manchmal absank, manchmal so anstieg, dass Hunderte von Bäumen am Ufer abstarben und ganze Ressorts aufgegeben oder in höher gelegene Gebiete verschoben werden mussten.

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Dennoch, die Tierwelt ist nach wie vor beeindruckend. So nah waren wir noch nie an wild lebenden Zebras, Bucks und Giraffen, ohne durch einen Zaun oder die Hülle eines Autos geschützt zu sein. Meine allmorgendlichen Yoga-Übungen auf der Terrasse unseres Sopa Lake Naivasha Resorts wurden jedenfalls von einer mehr oder wenigen neugierigen Zebra-Herde bis auf wenige Meter in Augenschein genommen.

Die nachts auf das Gelände des Ressorts vordringenden Flußpferde werden allerdings, nachdem sie nachweislich die aggressivsten Tiere Afrikas sind, durch die die meisten tödlich endenden Unfälle passieren, durch einen Elektrozaun daran gehindert, sich ebenfalls unserer Terrasse zu nähern. Sie bleiben auf 20 Meter Entfernung und grasen scheinbar friedlich in der einbrechenden Dunkelheit. Trotz des Zauns werden wir instruiert,  den abendlichen Weg von unserem Cottage zum Restaurant nicht ohne Security anzutreten, die man per Telefon bei der Rezeption anfordert um sie nach getaner Arbeit mit einem 100-Schilling-Schein zu entlohnen.

THE SUCH

Der Sabbaticalist kann natürlich seine eigentliche Profession als Englischlehrer nicht gänzlich ablegen. Insbesondere die Aussprache einiger Wörter bedarf einiger Nachfragen bis deren Ursprung und Bedeutung geklärt ist. Wenn wir uns mit Edward auf die Suche nach sehenswerten Tieren machen, dann befinden wir uns mit seinen Worten „on the such“. Und wenn er uns morgens um „seven dirty“ treffen will zur pünktlichen Abfahrt, so weist er nicht auf unsere Sauberkeit hin.

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What a wonderful world – really?

Unsere erste Ausfahrt, genannt Game Drive, in die Savanne des Amboseli National Parks

Kenia, oder wie es hier geschrieben wird, Kenya, ist die zweite Nation in Afrika, die wir besuchen. Der Flug von Johannesburg nach Nairobi dauert gerade einmal dreieinhalb Stunden und dennoch fühlt sich Kenya anders an als Südafrika. Das geht schon beim Regen los. Johannesburg hat uns in der letzten Nacht mit einem gewaltigen Gewitter verabschiedet. Kenya dagegen lechzt nach Wasser. Staub allenthalben, Dürre überall.

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Edward, unser Guide erzählt vom größten Problem Kenyas, der „Drought“. Wir versuchen den globalen Zusammenhang herzustellen, aber er meint nur, Global Warming wäre auch ein Problem, ja. Wir führen diese Diskussion während die Dieseltrucks in Kolonnen an uns vorbeidonnern und sich entlang der Straße Plastikmüll ausbreitet.

Am Flughafen von Nairobi wurden wir von Edward empfangen. Man beachte die kreative Schreibweise.

Die Kenianer sind dennoch mit der derzeitigen Situation sehr zufrieden. Kenya hat sich gut entwickelt, meint Edward und der beabsichtigte Zusammenschluss ostafrikanischer Länder analog zur EU könnte Kenya und Co mehr Gewicht verschaffen. Besonders zufrieden und stolz ist unser Guide mit der verbesserten Infrastruktur, der neuen Bahn zwischen Nairobi und Mombasa sowie den Straßen. mit „Carpet“. Teppichartig fühlen sich Kenyas Straßen ja nicht unbedingt an. Um Speeding zu vermeiden wird bisweilen auch zu drastischen Maßnahmen gegriffen:

Drastische Maßnahme zur Vermeidung von Temposündern.

Bei der Fahrt im offenen Fourwheeler durch den Amboseli-Park sind wir hin- und hergerissen. Zum einen begeistert uns die schiere Anzahl an frei herumlaufenden Elefanten, Gnus, Zebras, Büffel, Giraffen, Antilopen etc. Zum anderen ist die schreckliche Dürre und Wasserknappheit nicht zu übersehen. Die Aasfresser kommen nicht hinterher um die vielen Kadaver an Gnus und Zebras zu beseitigen. Wie anmutig und faszinierend ist diese Tierwelt und was für eine Zukunft haben diese wunderbaren Geschöpfe angesichts der gllobalen Veränderung ausgelöst durch den menschlichen Egoismus, Fortschritts-Wahnsinn und Gewinnstreben?

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