Eigentlich wollten wir ja gar nicht auf die Südinsel. Warum? Wir wollten unsere vier Wochen Neuseeland nicht rumhetzen und die Südinsel, von der man nachlesen kann, dass sie landschaftlich unvergleichlich schön sein soll, aber prinzipiell den Alpen sehr ähnlich, einfach mal aussparen, weil Alpen haben wir zu Hause schließlich auch.

Aber, manchmal kommt es eben anders als man ursprünglich plant, und das ist ja auch gut so. Nachdem uns in Gesprächen, wenn das Thema unserer Reiseroute angesprochen wurde, regelmäßig mit großen Augen offenbart wurde: „So you are not going to the South Island? You are missing the best part.“ weichte unsere Original-Planung immer mehr auf zu einem „Naja, warum eigentlich nicht mal kurz…?“

Den letzten Anstoß zu einer Umplanung gab kurioserweise eine Familie, die wir beim Skyline-Hike auf dem Ruapehu trafen. Sie stammten selber aus dem Ort Nelson, dem sonnenreichsten Örtchen Neuseelands („Sunny Nelson“) und rissen wie oben beschrieben alle 10 Augen auf, als wir von unseren Reiseplänen berichteten. Ihren ultimativen Tipp setzten wir dann auch in die Tat um. Wir nahmen die Fähre von Wellington nach Picton, zur Südinsel, buchten uns dort in eine Backpacker-Unterkunft ein und unternahmen eine wunderbare Wanderung entlang des sogenannten Queen Charlotte Tracks. Nichts von alledem möchten wir missen. Schon allein die Überfahrt durch die Cook Strait ist die Unternehmung wert.

Wikipedia sagt: „Die Cookstraße ist die Meerenge zwischen den beiden Hauptinseln von Neuseeland. Sie ist nach dem Seefahrer und Entdecker Kapitän James Cook benannt und zählt zu den stürmischsten Meeresstraßen der Welt. „

Letztere Information bewahrheitete sich allerdings erst bei der Rückfahrt, doch davon später. Die Hinfahrt nach Picton war so atemberaubend schön, dass nicht wenige Mitpassagiere minutenlang mit offenem Mund neben uns an Deck standen und die Szenerie an sich vorbeiziehen ließen. Wir wahrscheinlich auch.

Picton selbst ist ein kleiner Ort mit lediglich knapp 5000 Einwohnern, liegt mit seinem Hafen derart geschützt und eingerahmt im Queen Charlotte Sound, dass es wie eine Idylle anmutet. Dunkelblaues, klares Wasser, Palmen, hügeliges Land von unterschiedlichsten Grüntönen bedeckt, traumhaft schön. Picton lebt natürlich von dieser unglaublichen Lage, ist Ausgangspunkt von vielen Transporten per Auto, Bus, Bahn und Schiff, aber auch von den unterschiedlichsten touristischen Unternehmngen vor Ort.

Noch schnell einen „Flat White“ im Hafen von Picton geschlürft bevor das Boot ausläuft.

Wir ließen uns von einem kleinen Boot durch den Sound fahren und an einer Bucht namens Resolution Bay absetzen. Hier, in diesem Inlet, hatte der olle Cook, oh, sorry, der Seefahrer und Kartograf des British Empire James Cook im 18.Jahrhundert Neuseelands Südinsel für das Königreich in Beschlag genommen. Der Inlet wurde später nach Cooks Schiff Endeavour benannt.

Wer sich die Zeit nimmt und einmal in den Aufzeichnungen Cooks und seiner Reisegenossen liest, der kann unschwer erkennen, dass die damaligen Entdecker genauso fasziniert waren von der gewaltigen und berauschenden Natur wie wir. Wir wanderten durch den Wald mal auf Meereshöhe, mal auf bis zu 300 Meter ansteigendem Terrain entlang. Der 10,5 Kilometer lange Hike verging irgendwie viel zu schnell, zumal unser Boot, das uns an der Furneaux Lodge abholte ohnehin über eine Stunde Verspätung hatte. Dies ist jedoch ein Umstand, der keinen Neuseeländer großartig aus der Fassung bringt. Mit einem Achselzucken und einem „Should be fine“ wird dies einfach so hingenommen. Sich-Aufregen, Herummotzen oder Protestieren ist die Sache des Neuseeländers nicht.

Die Rückfahrt per Interislander-Fähre am nächsten Tag bewies wieder einmal, dass Wikipedia häufig richtig liegt. Aber die Crew war vorbereitet. Es gab vorbereitete Spucktüten an allen Ecken des Schiffs. Zwei Stunden nach Abfahrt, also ziemlich genau auf dem Höhepunkt der Schaukelei, wurden kostenlos Eiswürfel gereicht. Tatsächlich hilft das Lutschen an den eisigen Würfeln gegen Übelkeit auf See. Bei mir zumindest hat es geholfen. Eine Spucktüte weniger in Gebrauch.

Nachdem wir, zurück in Wellington, auch unseren Toyota Aqua, den wir illegalerweise im dortigen Rugby-Stadion geparkt hatten, weil Interislander keine – ich wiederhole – keine Parkplätze für Passagiere bereithält, unversehrt, nicht aufgebrochen, nicht beschädigt, ohne Parkkralle und sogar ohne Parkticket wiederfanden, schlossen wir den kurzen Ausflug auf die Südinsel mit einem rundum positiven Fazit ab und waren froh, uns umentschieden zu haben.

Einsam und allein, aber unaufgebrochen, ohne Parkkralle und ohne Ticket: unser Toyota Aqua im Parkhaus des Rugby-Stadions in Wellington.